Familienfotografie für alle – Ein Familienshooting mit einer pflegenden Familie

Blick auf eine Familie mit behindertem Kind bei einem Familienshooting: Vater hält behinderte Tochter, Mutter füttert im Hintergrund das kleine Geschwisterkind

Familienfotografie ist für alle da

Als dokumentarische Familienfotografin halte ich die echten Momente des Lebens fest. Und dabei ist mir eines besonders wichtig: Familien sind so vielfältig wie das Leben selbst.

Ich fotografiere nicht nur eine bestimmte Vorstellung von Familie – ich möchte für alle Familien da sein. Für die lauten und die leisen, für die großen und die kleinen, für die Patchwork-Familien, Regenbogenfamilien und für Familien mit behinderten Kindern oder Elternteilen.

Das Bild zeigt ein Mädchen mit Rett-Syndrom bei einem Familienshooting in Oldenburg

Das Shooting, das ich euch hier in diesem Blogbeitrag zeigen möchte, hat mich besonders berührt: Ich durfte ein kleines Stück der Lebensrealität einer Familie mit pflegeintensiven Kind festhalten, die mich zu sich nach Hause eingeladen hat.

Inklusive Familienfotografie - und warum wir davon noch weit entfernt sind

Familienshooting in Oldenburg: Mutter hält ihr Kind mit Rettsyndrom im Arm

Inklusive Familienfotografie bedeutet, dass alle Familien – unabhängig von Behinderung, Herkunft, Geschlecht, Familienkonstellation oder anderen Merkmalen – wertschätzend sichtbar gemacht werden. Sie stellt sicher, dass sich jede Familie in Bildern wiederfinden kann, ohne sich an gesellschaftliche Normen oder klassische Schönheitsideale anpassen zu müssen. Dabei geht es nicht nur um Barrierefreiheit oder das bewusste Einbeziehen von Familien mit behinderten oder chronisch kranken Kindern, sondern um eine grundsätzliche Haltung der Offenheit, Sensibilität und Gleichberechtigung in der fotografischen Arbeit. Inklusive Familienfotografie bedeutet, echte Geschichten zu erzählen – so, wie sie sind, ohne sie zu verändern oder zu idealisieren.

Menschen mit Behinderung sind in unserer Gesellschaft oft unsichtbar. Nicht, weil es sie nicht gibt – sondern weil sie nicht gesehen werden. Leider ist dies auch in der Familienfotografie nicht anders und von tatsächlicher inklusiver Familienfotografie sind wir leider noch weit entfernt. Ich habe mich mit der Frage auseinander gesetzt: Warum ist das so?

1. Der Alltag dieser Familien ist oft herausfordernd

Viele Eltern von behinderten Kindern haben schlichtweg keine Zeit, sich um ein Fotoshooting zu kümmern. Ihr Alltag ist geprägt von Pflege, Arztbesuchen, Therapien, oft auch organisatorischen Kämpfen und einer unvorstellbar erschöpfenden Bürokratie. Ein Familienshooting ist, und so ehrlich müssen wir an dieser Stelle sein, nicht existenziell. Pflegende Familien müssen sich oft für oder gegen Dinge entscheiden und ständig abwägen: Können wir das schaffen? Ist es das wert? Und dass ein Familienshooting hierbei nicht zu den Dingen zählt, die Priorität haben, ist nur allzu verständlich.

2. Ein Studioshooting passt für viele pflegenden Familien nicht

Ein Shooting in einem Studio mit langen Vorbereitungen und inszenierten Posen? Das passt für viele Familien grundsätzlich nicht - und für pflegende Familien oft nochmal viel weniger. Denn gerade für Familien mit behinderten Kindern kann der Aufwand, sich auf ein klassisches Fotoshooting vorzubereiten, überwältigend sein. Das Anziehen besonderer Kleidung, das Fahren an einen fremden Ort, die Erwartung, dass alles „funktioniert“ und die Begegnung mit einem Menschen, den sie alle vorher noch nicht kennen – all das kann zusätzlichen Stress bedeuten. Für viele ist es aber nicht nur eine Frage des Komforts, sondern der Machbarkeit: Manche Kinder sind auf spezielle Hilfsmittel, Medikamente oder vertraute Abläufe angewiesen, die sich nicht einfach in ein Studio verlegen lassen.

Dokumentarisches Familienshooting in Oldenburg: Mutter schiebt Kleinkind im Buggy, Vater schiebt Tochter im Rollstuhl

Und dann ist da noch ein unsichtbares Hindernis – eine Sorge, die vielleicht nicht immer ausgesprochen wird, aber oft mitschwingt: Werden unsere Bilder genauso schön anzusehen sein wie die der anderen Familien? In einer Welt, in der Familienfotografie oft von weißen, gesunden, privilegierten „Norm-Familien“ geprägt ist, kann schnell das Gefühl entstehen, nicht hineinzupassen. Doch genau das ist falsch. Jede Familie verdient es, sich auf Bildern wiederzufinden – genauso, wie sie ist.

Der dokumentarische Ansatz meiner Arbeit könnte für viele Familien die Lösung sein. Denn hier entstehen Bilder, die nicht vergleichbar und nicht austauschbar sind. Die Bilder entstehen bei euch zu Hause und ich fotografiere euch genau so, wie ihr seid – ohne Stress, ohne Druck und mit allem, was zu eurem Leben eben dazu gehört. Das bedeutet auch: Pflege muss bei eurem Familienshooting nicht ausgeklammert sein - im Gegenteil. Sie ist ein großer Teil eures Lebens und allein deshalb so sehr wert, auf Bildern sichtbar gemacht zu werden.

Mutter zieht Tochter mit Rett Syndrom bei Familienshooting an

3. Viele Fotograf*innen haben Berührungsängste

Ein weiterer Grund, warum es so wenig Bilder von Familien mit behinderten Kindern gibt: Unsicherheit seitens der Fotograf*innen.

Wie gehe ich mit besonderen Bedürfnissen um?
Wie nehme ich Kontakt auf?
Wie finde ich einen Zugang zu dem Kind und zu den Eltern?
Was ist, wenn ich mich falsch verhalte oder etwas falsches sage?

Diese Unsicherheiten führen leider oft dazu, dass sich Fotograf*innen gar nicht erst trauen, diese Familien mit ihrem Portfolio anzusprechen und ihnen zu zeigen: Hier bei mir seid ihr sicher und willkommen. Ich habe lernen dürfen: Es lohnt sich so sehr!

Denn: Dokumentarische Familienfotografie bedeutet nicht, dass ein Kind „mitmachen“ muss. Es bedeutet, es einfach so zu zeigen, wie es ist. Ich gehe mit Achtsamkeit, Geduld und unendlich viel Menschlichkeit an jedes Shooting heran – und genau das ermöglicht authentische Bilder.

Warum es so wichtig ist, pflegende Familien auch in der Familienfotografie sichtbar zu machen

Wenn pflegende Familien in der Familienfotografie kaum sichtbar sind, entsteht schnell ein trügerisches Bild davon, was Familie bedeutet. Doch Familie ist so viel mehr als das, was uns in Werbeanzeigen und auf Social Media gezeigt wird. Familie ist Vielfalt. Familie ist Liebe. Und: Familie ist auch Pflege.

Indem wir pflegende Familien zeigen, erreichen wir so viel mehr als nur schöne Erinnerungen:

🧡 Wir schaffen Repräsentation. Wenn Familien mit behinderten Kindern sich selbst in der Fotografie wiederfinden, kann das ein Gefühl der Zugehörigkeit und Wertschätzung vermitteln. Niemand sollte das Gefühl haben, nicht „dazuzugehören“.

🧡 Wir normalisieren Pflege. Je mehr diese Bilder gesehen werden, desto selbstverständlicher wird es, dass Pflege ein fester Bestandteil vieler Familien ist – kein Sonderfall, sondern eine Realität, die genauso wertvoll ist wie jede andere Familienform und die gleichzeitig nicht romantisiert werden sollte.

🧡 Wir erzählen Geschichten, die gehört werden müssen. Die Bilder von pflegenden Familien sind nicht nur persönliche Erinnerungen, sondern auch ein Beitrag zu einem gesellschaftlichen Wandel. Sie zeigen die Realität des Pflegealltags – die Herausforderungen, die Routinen, die kleinen und großen Momente. Sie machen sichtbar, was oft unsichtbar bleibt: die emotionale und körperliche Arbeit, die hinter Pflege steht, die Verantwortung, aber auch die innige Verbundenheit innerhalb der Familie.

Und genau das verdient Sichtbarkeit!

Pflegende Familien sind ein essenzieller Teil unserer Gesellschaft. Lasst uns ihnen den Platz geben, den sie verdienen – in unserer Mitte und in unseren Bildern. Nicht als "besondere Ausnahme", sondern als selbstverständlichen Teil unserer Gesellschaft und Arbeit.

Jedes Kind, jedes Elternteil verdient es, gesehen zu werden. Jede Familie verdient wertvolle Erinnerungen. Jeder Mensch zählt. Jeder.

Ihr seid pflegende Eltern und möchtet sichtbar werden? Für mein Freies Projekt fotografiere ich auch euch kostenlos, wenn ich die Veröffentlichungserlaubnis eurer Bilder erhalte. Schreibt mir gern 🤍 💌

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